Festival Bericht Summer Breeze 2017
Alle Jahre wieder pendeln tausende Metaller in das mittelfänkische Dinkelsbühl, um auf dem SUMMER BREEZE Bands der unterschiedlichsten Metalgenres zu huldigen. 2017 ist jedoch ein besonderes Jahr, denn der zwanzigste Geburtstag des Festivals steht an und zu Ehren dieses runden Jahrestages haben sich die Veranstalter auch das ein oder andere Schmankerl einfallen lassen.
Seit 2015 wird der Campingplatz bereits am Dienstag geöffnet, was seitdem auf großen Zuspruch seitens der Besucher stößt und sicher in den nächsten Jahren beibehalten wird. Dadurch ist die Anreise am Mittwoch auch um einiges entspannter und nach kurzem Stau und noch kürzerer Kontrolle kann bereits das Zelt aufgeschlagen werden und die Hitze ein erste Mal begossen werden. Doch kommen wir zu den wichtigen Dingen, den Bands.
Mittwoch
Meinen persönlichen Einstieg stellen KONTINUUM dar. Die Isländer dürfen auf Camel Stage ihr Können unter Beweis stellen und locken eine wirklich beachtliche Menge an Fans vor die Bühne. Mit ‚Breathe‘ wird in ein wirklich bewegendes Set gestartet, das sich musikalisch irgendwo zwischen SOLSTAFIR und FIELDS OF THE NEPHILIM einordnen lässt und zum Träumen einlädt. Einziger Kritikpunkt ist, dass es für mich unerklärlich ist, warum die Band drei Gitarristen benötigt. Davon abgesehen bietet das Quintett ein souveränes Set und sollte durch das Festival so manchen Fan dazu gewonnen haben.
Die T-Stage steht an diesem Tag ganz im Zeichen von Michael Trengert, der Gründer des Labels Metal Blade und Mitveranstalter des Summer Breeze gewesen war und im Jahre 2013 verstarb. Anlässlich des Jubiläums hatten sich die Veranstalter entschieden, den ersten Festivaltag zu nutzen, um an sein Andenken zu erinnern und deshalb Bands, die einen persönlichen Bezug zu ihm pflegten, spezielle Sets spielen zu lassen. Diese wurden im Vorfeld als Suprise Acts angekündigt und erst zum Festival öffentlich verkündet. Nachdem bereits BORN FORM PAIN und VOMITORY beachtliche Sets präsentierten, geben sich IN EXTREMO die Ehre und spielen, neben ihrem eigentlichen Set einen Tag später, einen zusätzlichen Auftritt, der den Fokus ausschließlich auf ältere Songs legt. Zudem wird Michael Trengert dafür gedackt, dass er „der erste war, der an uns geglaubt hat“, so Sänger Michael Rhein. Tolle Aktion.
Mit „Devoid Of Light“ haben UADA zwar bislang nur ein Album vorzuweisen, doch schlug dies letztes Jahr bei Fans atmosphärischen Black Metals so richtig ein. Entsprechend war es für Camel Stage-Verhältnisse zu dieser Tageszeit übervoll auf dem Platz, als die US-Amerikaner eine Masse an Fans zogen, die dicht gedrängt fast bis zu den Cocktailständen standen. Eigentlich sind die Rahmenbedingungen also ideal, doch entfaltet sich der düstere Schwarzmetall in der Helligkeit nicht hundertprozentig, sodass UADA sich etwas abkämpfen müssen, um die dichte Atmosphäre der Platte auch live darzubieten. Dies gelingt über weite Strecken, doch nachts hätte diese Band sicherlich nochmals größer abgeräumt!
Mit dem Wegfall des Zeltes hat sich der Charakter der T-Stage so drastisch verändert, dass sie im Rahmen der T-Party einer neuerlichen Weihung bedurfte. Und wer wäre besser für diesen Job geeignet gewesen als POWERWOLF. Auch hier wurde dem langjährigen Freund und Begleiter der Band gedankt und der Auftritt dem Andenken an Michael Trerngert gewidmet. Ansonsten gab es POWERWOLF wie man sie kennt und manche sie lieben: viel Pyros, sakrale Atmosphäre und der pseudo-transsilvanische Akzent von Sänger Atilla Dorn. Das alles war wirklich mal unterhaltsam und ist wirklich souverän runtergespielt, aber mit jedem Auftritt verliert es für mich etwas an Reiz. Die Menge feiert die Wölfe dennoch und feiert die blutrote Messe.
Genau wie IN EXTREMO, kredenzen auch AMON AMARTH dieses Jahr zwei Shows, wovon die erste ausschließlich alte Songs beinhaltet und als Tributshow genutzt wird. Hierzu werden Klassiker der Alben „With Oden On Our Side“, „Versus The World“ und „Twilight Of The Thunder God“ aufgehfahren, bevor am nächsten Tag die letzten drei Alben im Fokus stehen. Zeitweise haben die Schweden leider mit einem sehr matschigen Sound zu kämpfen, der den Druck aus den einzelnen Songs vermissen lässt. Dennoch agiert die Band mit voller Energie und die Fans danken es ihnen mit mehr als beachtlichem Applaus.
Den Abschluss des ersten Tages stellen für mich SCHAMMASCH dar. Zwei Uhr nachts ist für die Schweizer die perfekte Zeit, um ihren atmosphärischen Black Metal darzubieten und die anwesenden Hörer in ihren Bann zu ziehen. Sänger Chris steht in seiner Kutte fast regungslos dar und kreischt und brüllt sich durch das Set, als gäbe es kein Morgen. Natürlich profitieren die Schweizer, im Gegensatz zu UADA am Nachmittag, von den Rahmenbedingungen, die nicht besser sein könnten, doch schmälert es keinesfalls die Leistung. Ein perfekter Abschluss eines wunderbaren Festivaltages!
Donnerstag
Mein erster „richtiger“ Festivaltag beginnt mit einem Schicksal, das man keiner Band wünscht: MISS MAY I wurde ein Anhänger mit ihrem kompletten Equipment entwendet, so dass sie ohne Arbeitsmaterial beim Summer Breeze aufschlagen. Doch in solchen Momenten zeigt sich auch der starke Zusammenhalt, der zwischen Bands untereinander und mit Veranstaltern besteht und so konnten die US-Amerikaner mit dem nötigen Werkzeug ausgestattet auf die Fans losgelassen werden. Und die bekommen klassischen Metalcore zelebriert, der in seiner Souveränität in jedem Fall mit KILLSWITCH ENGAGE und Konsorten mithalten kann. Besonders Frontmann Levi hat das Publikum fest in der Hand und animiert trotz der frühen Spielzeit zu jeder Menge Bewegung. Die Spielfreude kann man diesen Jungs eben nicht stehlen.
Wer sich beim ersten Gang auf das Infield gewundert hatte, wo denn die zweite Hauptbühne geblieben war, wurde in den Umbaupausen aufgeklärt. Durch eine geschickte Konstruktion konnte auf der vergrößerten Hauptbühne der Mittelteil einfach gedreht werden, so dass während des Auftritts einer Band bereits hinter der Bühne das Set der nachfolgenden Band vorbereitet werden konnte und anschließend lediglich ein Line-Check durchgeführt werden musste. Super Idee und definitiv der richtige Schritt!
Während MISS MAY I durch ihren cleanen Gesang und melodische Einflüsse noch eher einen sanften Einstieg in den Tag boten, wird mit WHITECHAPEL der Knüppel aus dem Sack geholt. Mit Brechern wie ‚The Saw Is The Law‘ und ‚Our Endless War‘ wird die Müdigkeit der Fans von Sänger Phil Bozeman aus den Köpfen gebrüllt. Mir erschließt sich zwar nicht ganz, warum eine Deathcore Band drei Gitarristen benötigt, von denen zwei fast durchgängig die gleichen Riffs spielen, aber der Stimmung tut dies definitiv keinen Abbruch.
Als nächstes gibt es auf der T-Stage mit den Münsteraner Post Rockern LONG DISTANCE CALLING ein wenig Kontrastprogramm zum sonst auf der Bühne vorherrschenden Geknüppel. Das sympathische Quartett lies im Vorfeld des Festivals ihre Fans über die Setlist abstimmen, sodass an diesem Tag ein gelungener Mix aus getragenen und rockigen Stücken präsentiert werden konnte. Tolle Idee und ein gelungener Auftritt!
Nach einer kleinen Stärkung wird es Zeit für den verrückten Professor des Metal, das DEVIN TOWNSEND PROJECT ist im Lande und verspricht Unterhaltung der progressiven Sorte. Nach der umjumbelten Show von 2014 sind die Erwarten natürlich hoch, doch der kanadische Vordenker hat mittlerweile so viel Erfahrung, dass er solch eine Show absolut souverän und lässig meistern kann. Dabei ist ihm die Spielfreude sichtlich anzusehen und die Mitmusiker wie beispielsweise Gastsängerin Anneke van Giersbergen sind sichtlich bemüht sich nicht von den Klamaukeinlagen ablenken zu lassen. Dies klappt jedoch nicht immer, da Frontmann Devin wirklich jede Gelegenheit nutzt um auf
dem schmalen Grat zwischen Genie und Wahnsinn herumzutanzen und daher beispielsweise auch ernsthaften Songansagen mit den Worten „suck a million cocks“ beendet. Auch in der Songauswahl zeigt sich, dass auf jegliche Erwartungen kein Wert gelegt wird und daher auch die Ohrwürmer des umfangreichen Bandkatalogs bewusst keine Rolle spielen, sondern der Fokus auf anspruchsvollen Kompositionen liegt. Ein gewagtes Unterfangen, das jedoch komplett fruchtet und eine denkwürdige Show bietet, die Fans begeisternd grinsend zurücklässt.
Von diesem Mut und Spielfreude könnten sich MEGADETH mehr als eine Scheibe abschneiden. Die Thrash-Titanen um Front-Grimasse Dave Mustaine wirken leider live etwas lieblos und spielen ihr Set ohne großen Enthusiasmus herunter. Dazu kommt ein anfänglich mehr als mangelhafter Sound, der den Gesang phasenweise vollkommen verschluckt und die Gitarren viel zu weit in den Vordergrund drückt. Fans der Amerikaner feiern trotzdem das knapp 80 minütige Set, das neben Klassikern wie ‚A Tout Le Monde‘ und ‚Symphony Of Destruction‘ auch eine große Zahl an neueren Stücken bietet, doch ich kann dieser One-Man-Show mit musikalischen Statisten wirklich nichts abgewinnen. Schade, doch zum Glück gibt es ja noch allerlei Trost.
Zum Beispiel NILE. Die Ägyptologen sind immer für einen ordentlichen Abriss gut und prügeln sich auch heute durch das Set, als gäbe es kein Morgen. Karl Sanders brüllt sich hierbei regelrecht und Rage, so dass man den Todesmetall der US-Amerikaner sicherlich auch vor den Hauptbühnen und auf Teilen des Campingplatzes gut hören kann. Mit ‚Unas The Slayer Of Gods‘ ist dann nach sechs Songs auch schon wieder Schluss, doch so mancher wird nach diesem Abriss auch erstmal eine Pause brauchen.
Nach ihrer gefeierten Akustik-Show am Nachmittag, dürfen MOONSPELL ihre Verstärker nun wieder aufdrehen und ein Oldshool-Set präsentieren, das Fans der ersten Stunde die Tränen in die Augen treiben sollte. Der Fokus liegt hierbei auf dem Album „Irreligios“, wodurch es im Vergleich mit einer normalen Show der Portugiesen natürlich auch wesentlich härter zugeht. Doch auch in früheren Jahren konnte Sänger Fernando Ribeiro durch eine düstere Melancholie bestechen und hat seitdem nichts verlernt. Das Publikum kann leider zu Beginn recht wenig mit den „unbekannteren“ Songs anfangen und benötigt fast das halbe Set, um sich auf die Mischung aus Dark und Black Metal einzulassen. Doch besonders gegen Ende des Sets scheint das Eis gebrochen zu sein und einuge Zuhörer werden sich im Anschluss an das Festival wohl nochmal mit dem älteren Material beschäftigen.
Kurz nach dem Ende der MOONSPELL Show füllt sich der Platz vor der T-Stage erneut beachtlich. Kein Wunder, denn niemand geringeres als ARCHITECTS geben sich die Ehre. Die Briten haben sich durch konsequent hochwertige Alben und mitreißende Shows ihren Platz in der Musiklandschaft erkämpft und stellen dies auch heute wieder beeindruckend unter Beweis. Mit ‚Nihilist‘ wird das einstündige Highlight des Tages eröffnet und so mancher Band gezeigt, wie man seine Musik live überzeugend darbieten kann. Durch den perfekten Einsatz der Lichttechnik und der Nebelfontänen werden die Songs gekonnt in Szene gesetzt und atmosphärische Parts nochmals ebenso hervorgehoben wie wuchtige Breakdowns. Kleine Kritikpunkte kann man beim Sound anbringen, der die Drums etwas zu stark fokussiert und dadurch manche Gitarrenlinien zu sehr in den Hintergrund drängt. Über die Songs an sich muss man ohnehin nicht viel sagen, da ‚A Match Made In Heaven‘, ‚Naysayer‘ und ‚These Colours Don´t Run‘ einfach für sich stehen. Vor Beginn des finalen Stückes ‚Gone With The Wind‘ ergreift Sänger Sam Carter wie bei jeder Show im vergangenen Jahr das Wort und gedenkt in angemessener und absolut ergreifender Art und Weise Gitarrist und Mastermind Tom Searle, der im letzten Jahr viel zu früh verstorben war. Ein perfektes Ende einer denkwürdigen Show!
Während die T-Stage am heutigen Abend den Fokus auf emotionale und mitreißende Bands legt, wird auf der Hauptbühne das 25jährige Festivaljubiläum regelrecht zelebriert. Während AMON AMARTH mit ihrer zweiten Show durch Feuer, Kriegerschlachten, einem übergroßen Wikingerhelm als Kulisse und einer opulenten Pyroshow begeistern, lassen sich auch IN EXTREMO nicht lumpen und fahren manchen Show-Effekt auf. Die Bühne erstrahlt in bester Henkers-Optik und zu ‚Unsichtbar‘ wird ein „sehr alter Freund“ auf die Bühne geholt. Dieser ist kein geringerer als KREATOR-Frontmann Mille Petrozza, der ein absolut souveränes Gastspiel hinlegt. Neben dem Summer Breeze Geburtstag gibt es heute auch einen weiteren Grund zu feiern, da die Headlinershow nämlich den tausendsten Auftritt von IN EXTREMO markiert. Daher gibt es zum Abschluss des hitgespickten Sets zu ‚Pikse Slave‘ auch ein gewaltiges Feuerwerk, das problemlos mit manchem Silvester-Event mithalten könnte. Wir gratulieren zur mehr als gelungenen tausendsten Show!
WADRUNA sind zweifelsohne die Exoten des Tages, wenn nicht sogar des ganzen Festivals. Mit ihrem atmosphärischen Nordic Ritual Folk, der keinerlei verstärkte Instrumente und lediglich punktuell eingesetzten Gesang beinhaltet, wird für eine fast schon sakrale Stimmung gesorgt und definitiv für Gänsehaut sorgt. Die Band um Einar Selvik spielte ihr Set kommentarlos herunter, was in diesem Fall ein starkes Plus war. Ein starker Kontrast zum restlichen Billing, aber auf jeden Fall eine denkwürdige Show.
Es wird Nacht und somit Zeit für die härtere Gangart. FIRTAN erleben in den letzten Jahren einen starken Aufschwung, der nicht zuletzt durch die beachtlichen Veröffentlichungen gerechtfertigt wird. Dass die Jungs aus Lörrach auch live abliefern können, wird den Summer Breeze Besuchern, die für die späte Spielzeit um 2 Uhr zahlreich erschienen sind, deutlich gemacht. Mit vier Songs, darunter das bislang unveröffentlichte ‚In lichtlosen Tiefen‘ wird der Festivaltag mit schwarzmetallischem Pagan mehr als würdig abgeschlossen. Von diesen Jungs wird man in Zukunft noch einiges hören!
Freitag
Freitagmittag, Zeit für technischen Death Metal. FALLUJAH, deren Sänger und Gründungsmitglied während der laufenden Festival Saison die Band verlassen hatte, eröffnen für mich den Tag und ballern was das Zeug hält. „Leider“ ist es erneut drückend heiß, so dass das Publikum nicht so wirklich in Fahrt kommen möchte und lediglich sanft hin und her schwankt. Auch sämtliche Anfeuerungen der Band können daran nichts ändern, obwohl die Band sich wirklich bemüht und die komplexen Songs auch live großen Spaß machen. Schade, aber dennoch ein super Auftritt.
Den Preis für die weiteste Anreise werden HUMILIATION aus Malaysia sicher in der Tasche haben. Das Quintett präsentiert Death Metal der alten Schule und setzt dabei großen Wert auf Groove. Was die Jungs jedoch von vielen Kombos unterschiedet ist, dass man ihnen die Spielfreude in jedem einzelnen Song regelrecht ansieht und deshalb auch nach kurzer Wartezeit, wie schon beim Party San eine Woche vorher, der Funke überspringt und gemosht wird, als gäbe es kein Morgen. Hier wird die Band so manchen neuen Fan gewonnen haben.
Nachdem der Wetterbeicht eigentlich bereits für den Vortag ein Gewitter vorhergesagt hatte, kommt dieses nun mit einiger Verspätung doch. Die Veranstalter reagieren hierbei mal wieder klasse und warnen im Voraus, so dass jeder Besucher genug Zeit hat sein Zelt zu sichern und mögliche Schäden zu minimieren. Hier merkt man deutlich die Erfahrung, die den Besuchern zu Gute kommt! Leider verpasse ich durch das Unwetter HATEBREED und suche erst später wieder das Infield auf.
Nach einer kleinen regenbedinten Verzögerung dürfen CHILDREN OF BODOM die Hauptbühne entern und pfeffern den Fans ein Oldschool-Set vor den Latz, das sich gewaschen hat (Wortwitz olé). Songs wie ‚Hatebreeder‘, ‚Lake Bodom‘ und ‚Downfall‘ sind einfach auch nach Jahren noch ein Vorzeigebeispiel für technisch anspruchsvollen Melodic Death Metal und machen deutlich, warum sich diese Band damals so schnell eine rießige Fanschar erspielen konnte. Frontmann Alexi hat glücklicherweise auch wieder seinen Spaß an Liveauftritten gefunden und zeigt sich um einiges vitaler als noch vor wenigen Jahren. Die aberwitzigen Gitarren-Keyboard-Duelle erledigen den Rest und hinterlassen eine nasse, jedoch glückliche Meute.
Finnland, die Zweite. Während CHILDREN OF BODOM bereits in Sachen Tempo ordentlich vorgelegt haben, zeigen INSOMNIUM, dass man melodischen Todesmetall auch ruhiger und mit Fokus auf Atmosphäre präsentieren kann. Mit ihrem letzten Album „Winter´s Gate“ konnte das Quartett erneut mehr als vorzeigbare Charterfolge feiern und darf sich live über perfekten Sound freuen, um so ihre melancholischen Werke in die abgekühlte Nacht zu feuern.
Und dann kam der Headliner, den viele Festivalbesucher herbeigesehnt hatten: KREATOR! Die Bühne drehte sich ein weiteres Mal und man fand sich in einer dystopischen alten Kirche wiede, die als Kulisse für eine Mischung aus Thrash Metal, Flammenwerfen und Glitzerlametta dienen sollte. Musikalisch wird natürlich ein Querschnitt der fulminanten Karriere der Essener geboten, wobei Songs wie ‚Violent Revolution‘ und ‚Hordes Of Chaos‘ natürlich nicht fehlen dürfen. Nach 90 Minuten wird das finale ‚Pleasure To Kill‘ eingeläutet und eine erschöpfte Menge hinterlassen.
Kommen wir zur Enttäuschung des Tages. WINTERSUN sind ja immer für eine „Überraschung“ gut, sei es jahrelange Wartezeiten auf ein Album, oder aberwitzige Forderungen von Frontmann Jari Menpää an sein Label, dass diese ihm doch bitte ein eigenes Studio sponsorn sollen. Natürlich kann man der Band ihre Klasse nicht absprechen, da speziell das erste Album symphonischen Death Metal der Extraklasse bot, doch ist mittlerweile das Drumherum leider erwähnenswerter geworden als der tatsächliche Output. Und auch live wissen die Finnen das nicht zu kompensieren. Frontmann Jari, der neuerdings live die Gitarre aus der Hand gegeben hat und sich ausschließlich aufs singen konzentriert, wirkt etwas hüftsteif und die opulenten Tonspuren der Alben kommen nicht im Geringsten zur Geltung. Insgesamt lässt der Sound sehr zu wünschen übrig und verschluckt große Teile der Gitarrensoli, so dass man als Fan enttäuscht von dannen zieht und sich in seinen Schlafsack kuschelt und von ‚Winter Madness‘ träumt.
Samstag
Der letzte Festivaltag bricht an und die Sonne lacht. Nach dem kurzen Sturm des vergangenen Tages darf man sich über angenehme Temperaturen und weitere musikalische Highlights freuen.
Den Anfang machen DER WEG EINER FREIHEIT, die am heutigen Tag die Releasehow ihres neusten Werkes „Finisterre“ feiern. Mit enormen Backdrop ausgestattet entern die Franken die Bühne und prügeln sich, mit ‚Der stille Fluss‘ beginnend, durch ihr 45minütiges Set. Trotz der Tatsache, dass lediglich fünf Songs in dieser Spielzeit präsentiert werden können, wird ein großartiger Querschnitt der bisherigen Veröffentlichungen geboten und das neuste Album duch ‚Sekpsis Part II‘ repräsentiert. Mittlerweile sind die vier Jungs auch live dermaßen routiniert und können die unbestreitbare Klasse der Alben und ihre Mischung aus melodischen Passagen und ungezügelter Raserei beeindruckend darbieten. Auch wenn es manche Szenehüter (noch) nicht wahrhaben wollen, hier spielt zurecht eine der besten und vielversprechendsten Black Metal Bands des Landes.
KNORKATOR sind einfach bekloppt. Mit diesem kurzen Satz könnte man wohl jede Veröffentlichung und jeden Auftritt der Berliner zusammenfassen. Auch das Summer Breeze ist hierbei keine Ausnahme. Sänger Stumpen gibt sich exzentrisch wie immer, fordert immer wieder „Jubel“ ein, beordert alle Fotografen auf die Bühne und springt herum wie ein quietschfideles Reh. Dazu gibt es eine Salsa-Version von ‚Ich hasse Musik‘, einen Tango á la ‚Der ultimative Mann‘ und mit ‚Wir werden‘, ‚Böse‘ und ‚Alter Mann‘ zahlreiche weitere Klassiker. Die meiste Band der Welt weiß einfach wie man es macht.
Nach den enttäuschen eintönigen OVERKILL wird es Zeit sich vor der Hauptbühne in Stellung zu bringen, um den Abend hier zu verweilen und sich auf drei Highlights zu freuen. Den Anfang machen DARK TRANQULITY, die gern gesehene Gäste des Festivals sind und ihr aktuelles Album „Atoma“ präsentieren. Neben neueren Songs gibt es allerlei Schmankerl aus der 28(!)jährigen Bandhistorie und jede Menge Fannähe von Frontmann Mikael Stanne, der nicht zuletzt durch ein ausgedehnten Plausch mit einem Fan im Rollstuhl jede Menge Sympathien erntet. Die Bandeigenen Kracher der Marke ‚Final Resistance‘, ‚Science Of Noise‘ und das finale ‚Misery´s Crown‘ werden durch Animationen und Videos visuell untermalt und benötigen keine weitere Unterstützung durch Pyros. Ein gelungener Auftakt des Abends, der keine Zeit zum Ausruhen lässt.
HEAVEN SHALL BURN und das Summer Breeze sind einfach untrennbar miteinander verworren. Die Thüringer hatten bereits 2008 ihren legendären Auftritt in Dinkelsbühl mitgeschnitten und sind seitdem stetig im Billing weiter nach oben gewandert. Natürlich dürfen sie daher zum Jubiläum nicht fehlen und fackeln mal wieder alles ab, was ihnen vor die Flinte kommt. Vor einer Kraftwerkskulisse im Stile von „Fallout“ prügeln sich Marcus Bischoff und Konsorten durch ihr Set, das mit Songs fast aller bisherigen Veröffentlichungen gespickt ist und eine Vielzahl an Circle Pits und Crowdsurfern auf den Plan ruft. An Stillstand ist hier keine Minute zu denken, da auch das Quintett auf der Bühne sichtlich Spaß hat und die Fans immer wieder zu Höchstleistungen anstachelt. Dass die Jungs neben ihrer musikalischen Klasse auch einfach sympathische Musikfans geblieben sind zeigt sich durch zwei Situationen. Zunächst bedankt sich Sänger Marcus ganz brav bei seiner Chefin, da er durch sie seinen Nachtdienst im Pflegedienst tauschen konnte und daher diesen Auftritt spielen konnte und übergibt vor Beginn des letzten Songs das Wort an Mastermind Maik Weichert, der voller Freude einen ganz besonderen Gast für das finale ‚Black Tears‘ ankündigt. Kein geringerer als Dan Swanö persönlich entert daraufhin die Bühne und zaubert den Thüringern ein breites Grinsen ins Gesicht. Schön zu sehen, dass auch Musiker dieser Klasse mal „nur“ Fans sein können!
Nach diesem fulminanten Abriss ist es Zeit für den Headliner der Geburtstagssause. Nach dem großen New-Metal-Boom Anfang des Jahrtausends sind nicht viele Bands des Hypes übrig geblieben, doch die verbliebenen spielen noch immer in einer eigenen Liga. KORN stellen hierbei wohl mit LINKIN PARK noch immer die umsatzstärksten Bands aus dieser Zeit dar und hatten zuletzt im vergangenen Jahr mit ihrem Album „The Serenity Of Suffering“ ein weiteres Mal ihre Vormachtstellung untermauert. Mit ‚Rotting In Vain‘ von eben diesem Album wird in die eineinhalbstündige Show eingeführt, die einen perfekten Querschnitt der Diskografie der Amerikaner bietet und so manchen Anwesenden in seine Jugend zurück versetzt. Egal ob ‚Did My Time‘, ‚Y’All Want A Single‘ oder das finale ‚Freak On A Leash‘, jeder Song sitzt und groovt was das Zeug hält. Dazu kommt eine beeindruckende Lichtmontur und Bildeffekte, die die einzelnen Stücke gekonnt unterstützt und das komplette Infield teilweise in grellem Licht erstrahlen lässt. Natürlich lassen sich auch die Veranstalter bei so einem Headliner nicht lumpen und beglücken die Fans im direkten Anschluss an die Show mit einem beeindruckenden Feuerwerk, das das Jubiläum abrundet und die Besucher glücklich hinterlässt.
Es ist halb drei Samstagnacht, die Temperaturen sind stark zurückgegangen und ein leichter Nebel senkt sich auf das Gelände des Summer Breeze. Einige Besucher sind bereits auf dem Heimweg, andere liegen im Zelt oder feiern davor, während die letzte Band des Festivals die T-Stage betritt. Dieses Jahr haben die polnischen MGLA die Ehre, das Festival zu beschließen und betreten wortlos und in Gesichtsmasken und Lederjacken gehüllt die Bühne. Statt einem emotionalen Abschied wird jedoch Black Metal geboten, der dichter und atmosphärischer kaum sein könnte. Mit besonderem Augenmerk auf die letzten zwei Alben wird sich durch das Set geknüppelt, bevor kurz vor halb vier der letzte Vorhang fällt und das Summer Breeze 2017 Geschichte ist. Ein mehr als würdiger Abschied!
Insgesamt konnte das Summer Breeze 2017 mit einem beeindruckenden Line-Up zum Jubiläum auffahren und auch durch spezielle Sets einiger Bands den Geburtstag würdig feiern. Die Zusammenlegung der beiden Hauptbühnen zu einer und die Drehkonstruktion auf dieser haben erstaunlich gut funktioniert und wird hoffentlich in den nächsten Jahr beibehalten werden. LiveSound Magazine bedankt sich für ein rundum gelungenes Festival. Wir sehen uns nächstes Jahr wieder!
Pro: Organisation, Wetter (zum großen Teil), Metalmarkt, MGLA, HEAVEN SHALL BURN, KORN, DER WEG EINER FREIHEIT, KONTINUUM, DEVIN TOWNSEND PROJECT
Contra: MEGADETH, OVERKILL
Samir Kharboutli