Festival Mediaval 2022 vom 09.09.-11.09.2022 in Selb
Nach zwei Jahren Festivalwinter wurde nunmehr zum 13. Mal nach Selb auf den
Goldberg zum Festival Mediaval eingelanden. Im Vergleich zu füheren Jahren waren
in diesem Jahr mehr Rock- und Metal-Bands zugegen, wobei der musikalische Fokus bei diesem Festival klar auf Mittelalterbands liegt. Es wäre allerdings viel zu kurz greifen, dieses Festival einfach nur als Musikfestival zu beschreiben. Vielmehr handelt es sich um eine gelungene Symbiose aus Musikfestival und Mittelaltermarkt.
Gleich neben den Bühnen findet sich hier der Markt, wo man allerhand
mittelalterliche Kleidung und Utensilien erwerben kann. Natürlich gibt es auf
dem Markt zwei ebenerdige Bühnen, allerhand Zauberei, Gaukelei und auch Musik
geboten wurden. Eine Theaterbühne und ein Literaturzelt seien auch noch zu
erwähnen. Bei den Zauberern hätten wir einmal fragen sollen, denn leider
schaffen wir es noch nicht an mehreren Orten gleichzeitig zu sein, sodass wir
uns auf die großen Bühnen konzentrieren mussten.
Wie es sich für einen richtigen Mittelaltermarkt gehört, gab es auch
mittelalterliche Lager, nicht wenige davon. Diese waren direkt an
Festivalgelände und förderten so das Gefühl, wirklich ein paar hundert Jahre
vor unserer Zeit zu sein.
Entsprechend dieser Umbegung war der überwiegende Teil der Besucher ganz klar
dem Mittelalterumfeld zuzurechnen. Man könnte fast sagen, „wie immer bei solchen
Leuten“, war die Stimmung fröhlich und ausgesprochen entspannt. Das Wetter
konnte das auch nicht ändern, auch wenn es zeitweise aus Kübeln geschüttet hat.
Glücklicherweise hat es nicht die ganze Zeit geregnet, sodass die Wiesen nur
matschig, nicht aber flüssig waren.
Dieses Festival verbindet das beste aus den Welten Mittelaltermarkt und
Musikfestival. So ist an den Bühnen nicht nur die Versorgung an Bier gesichert,
sondern es ist auch Wein aus verschiedenen Früchten und Met erhältlich. Ebenso
stammt das Essen aus Buden, die man an anderem Wochenenden auf
Mittelaltermärkten findet. Ganz stilecht wird in Tonkrügen ausgeschenkt und
das Essen zumeist in Tonschalen serviert. Dementsprechend ist das Festival
praktisch frei von Plastik und fast frei von Müll. Lediglich das ein oder andere
Papier oder Holzstäbchen findet sich in den Weidenkörben. Das ist ein schöner
Kontrast zu den Plastikbecherschlachten auf anderen Festivals.
Leider machen auch der menschliche Abschaum auch vor einem solchen Festival
nicht halt. So sind in der Nacht zum Sonntag Diebe über den
Bauzaun in die Lager des ehrenamtlichen Helfer eingedrungen und haben Geld und
Gegenstände im Wert von über 3000 Euro erbeutet. Da an solchen Festivals niemand
reich wird, hätten die Reserven dieser Veranstaltung nicht gereicht, um die
Helfer zu entschädigen. So wurde kurzerhand eine Spendenbox aufgestellt, damit
die weit gereisten Helfer wenigsten den Treibstoff zu die Heimfahrt bezahlen
können. Es stellte sich heraus, dass Zusammenhalt mehr erreichen kann, als
Niedertracht zerstören kann. So kamen über 7600 Euro zusammen und es konnten
nicht nur die Helfer entschädigt werden. Es war auch noch möglich, für zukünftige Helferprojekte Geld zurückzulegen.
Nun aber zu den Bands:
Freitag
Firkin hatten wir leider verpasst, dank der geschuldeten Tatsache, noch bis Mittags dem Broterwerb nachgehen zu müssen
Harpyie: Auch wenn schon Last Christmas beim Soundcheck angesungen wurde, entwickte sich dieser Auftritt schnell zu ordentlicher Musik. Man merkt schnell, dass die fünf Westfalen ein durchaus ambitioniertes Klangbild zwischen Mittelalter und teils sehr modernen Metal sicher präsentieren können. Mit dem Ton hatten sie leider
weniger Glück, aber das die durchweg gute Stimmung des Publikums kaum geschmälert.
Die Band um Sänger Teufel war auf der Burgbühne zu finden und begann pünktlich zur angesagten Stunde. In düsterem Rot und Dunkel begann Tanzwut seine Show und zog das Publikum förmlich mit sich. Mit den „Brüder(n) im Geiste“ oder auch „Gib mir noch ein Glas“ ging es zwischendurch „bis zum Meer“. Die Stimmung war ausgelassen und der Platz vor der Burgbühne ziemlich voll.
In der Gothic Szene weit bekannt fand die Band erst seit dem Krabat-Liederzyklus zunehmend mittelalterliche Folk-Anklänge und deshalb passten sie dann doch schon ziemlich auf das Festival Mediaval. Wir „lieben Menschen“, wie Sänger Alexander „Asp“ Spreng feststellte sammelten sich zuhauf vor der Schlossbühne, um seiner Darbietung zu lauschen. Als Violinistin war Shir-Ran Yinon mit von der Partie, welche mit einwandfreiem Klang verzauberte.
Samstag
Gleich morgens traten Vera Lux als zweite Band an, um den Restalkohol
aus den Köpfen zu treiben. Zwölf Uhr darf man auf einem Festival noch als
morgens bezeichnen, denn man könnte gefeiert haben. Felix am Dudelsack klang zumindest danach, denn er war ernsthaft heiser.* Ungeachtet des Vortags, haben die
Nürnberger eine Energie aufgeboten, die man bei mancher „großen“ Band vergeblich
sucht. Naja, so „klein“ ist diese Band auch nicht, denn sie fanden zu siebt
gerade so Platz auf der kleinen Bühne. Ob hinten dieser Zahl ein tieferes
Konzept steht, konnte leider nicht in Erfahrung gebracht werden, wohl aber das
ziemlich viel dabei rum kommt, wenn sieben Leute alles geben. Wir freuen uns
darauf, sie in Zukunft auch auf größeren Bühnen zu sehen.
*wie sich im Nachgang herausstellte, kämpfte Felix noch mit den Nachwirkungen einer Erkältung.
Auf dem Weg zur Schlossbühne stolperten wir dann über die netten Herren von Pampatutti, welche am Händlermarkt ihre gesanglichen Späße trieben.
Wir sind dann weiter zu Ungarns Metalqueen Dalradia auf der Schlossbühne, welche leider ziemlich unter dem einsetzenden Regen litten. Die Show wäre es auf jeden Fall wert gewesen. Später, als der Regen wieder weniger wurde, kamen dann auch wieder mehr Zuhörer.
Wir gönnten uns dann eine kurze Pause an einem der leckeren Händlerständen, bevor wir dann frisch gestärkt bei den fünf Musikern aus der sächsischen Pampa aufkreuzten und uns ihre herzerfrischende Darbietung auf der Schlossbühne ansahen. Drei Zuschauer wollten gehen – Bier nachfüllen, nach eigener Aussage – und wurden von Max von Gluchowe doch darauf hingewiesen bitte zu bleiben. Ob es am Whiskey lag?
28 Mitwirkende stellte Corvus Corax et Metallum auf die Bühne und lieferte eine geniale Show gespickt mit Akrobatik, Feuertänzern, Altnordischen Klängen und der Schattenwelt Südharz. Und ganz zum Schluss gabs noch Kuchen für Castus, der an diesem Tag seinen Geburtstag feierte.
Celt Kilt aus Frankreich verpassten wir leider, was uns im Nachhinein tierisch ärgert. Es muss wahnsinnig gut gewesen sein.
Schon länger sind die einstigen Piraten von Alestorm als Rettungsschwimmer unterwegs. Das entspricht nicht nur Trend von sinnstiftender Tätigkeiten, sondern hat natürlich auch den Vorteil, dass sie nicht mehr mit Running Wild verwechselt werden, mit denen sie allerdings musikalisch kaum eine Ähnlichkeit haben. Und wer stellt denn bitte eine wahnsinnig gigantische Gummiente auf die Bühne? Ja, das kann nur Alestorm! Der Platz war voll, die Menschen feierten kräftig mit uns die Jungs lieferten eine wirklich gute Show (verglichen mit einem anderen Festival dieses Jahr ebenfalls in Franken waren sie auch nochmal 2 Nummern besser als dort)
Sonntag
Wir starteten mit Tempus aus Tschechien, welche auch nächstes Jahr beim Festival Mediaval in AS spielen werden. Eingängige Mittelalterliche Musik mit eher sanften Tönen war gerade richtig, um langsam in Fahrt zu kommen.
Mittelalter, naja, nicht ganz. Wenn man der Bandgeschichte Coppelius aber glauben darf, dann stellen die Herren aber die dienstälteste Metal-Band der Welt dar.
Kein Wunder, dass hier die Klänge klassischer Instrumente mal durch einen
Gitarreneffekt laufen, nicht immer, aber durchaus.
Auch wenn ich mir beim maximalen Alter nicht sicher bin, so sind die Herren auf
jeden Fall maximal unterhaltsam. Während Andere Band wertvolle Zeit mit einem
langweiligen Intro verschwenden, bereitet bei Coppelius der Diener Bastille die
Bühne mit größtmöglichem schauspielerischem Talent vor. Das heißt in diesem
Fall: maximales Ungeschick. Natürlich muss das Mikrofon perfekt stehen, also,
wirklich perfekt. Das kann man auch schon mal korrigieren wenn der Sänger schon
singt… Naja, der Gesichtsausdruck des Letzteren deutet dann doch eine leise
Kritik an diesem Vorgehen an. Wie dem auch sei, wir liefern hier keine Videos,
deshalb sollten sich der geneigte Leser selbst überzeugen.
Aus ihrer über 200-jährigen Bandgeschichte hatte sich doch einiges angesammelt,
was die Herren zum Besten gaben. Auch das Wetter spielte mit, oder versuchte es
zumindest, als es begann zum Beginn des Liedes „Moor“, die Wiese in ein Solches
zu verwandeln. Auch jungere Stücke hatten sie im Gepäck, wie zum Beispiel
Kryptoxenoarchäologie. Man kann nur mutmaßen, was im Text dieses Stückes
ausgegraben wird. Man könnte meinen, es sein einer der Großen Alten, der hier
geweckt wurde, aber das alles nur Spekulation. Wir wissen aber aus sichere
Quelle, das die Berichte des Herrn Lovecraft im Hause Coppelius gelesen wernden.
Ob gar eine persönliche Bekanntschaft existierte, da können wir nur mutmaßen.
Ansonsten gab es Geburtstagsgeschenke, Kuchen, eine Trauung und viel Musik
Die sich 1996 formierende Band Letzte Instanz kann nun auch schon auf ein paar Jahrzehnte Bandgeschichte zurückblicken. Am Festival Mediaval, wo sie im Übrigen das erste Mal spielten, gaben sie auch wirklich alles. Sänger Holly war nicht ganz fit, aber wir glauben, das haben die Wenigsten mitbekommen. Und selbst das Wetter hatte ein Einsehen, es regnete mal ausnahmweise nicht lang.
An was denkst du, wenn du an Finnland denkst?
Sauna? Jo. Wir denken da aber auch an Korpiklaani und Trolle. Der Eindruck wurde bei uns am Festival-Mediaval auch noch einmal verstärkt, als Jonne Järvelä wie ein Irrwirsch auf der Bühne seine Dreadlocks fliegen lies. Die Musik eingängig lud zum Mitsingen und Tanzen ein und mit dieser Band fand das Festival Mediaval 2022 auch ihr diesjähriges Ende.
Was haben wir mitgenommen? Viel, viel Freude, wir haben altbekannte Gesichter wieder getroffen und nebst viel Matsch und einer danach zickenden Kamera aufgrund Wasserschaden sind wir auch jetzt noch voll positiver Erinnerung an dieses Festival.
(Martin Schneider und Micha Mayer)