Sperrstunde? Ärger beim Musikverein im K4
Das Künstlerhaus wird generalsaniert, im August 2018 startet der 3. Bauabschnitt dieses 25-Millionen-Projektes – eigentlich ein Grund zur Freude für die Gäste und alle, die sich dort engagieren. Freude, die sich beim Musikverein derzeit arg in Grenzen hält. Der Grund: Das Künstlerhaus wolle durchsetzen, dass Veranstaltungen, wie sie heute vom Musikverein im Zentralcafé veranstaltet werden, zukünftig unter der Woche nur noch bis 22 Uhr, am Wochenende bis 3 Uhr gehen dürfen – und das über die Zeit des Bespielens der ehemaligen Bauhofkantine gegenüber des Künstlerhauses als Ausweichlocation hinaus. So schreibt es das Musikverein-Team auf seinem Blog und in einem vielbeachteten Facebook-Beitrag.
Bemerkenswert: Der Kulturverein berichtet, dies sei damit begründet worden, dass Veranstaltungen die länger gingen, „keine Kulturveranstaltungen, sondern Vergnügungsveranstaltungen“ und damit ja gar nicht Auftrag des Musikvereins seien. Dies wäre eine äußerst eigenwillige Sicht, neigen doch Kulturschaffende selbst eher selten dazu, in Kultur und Vergnügen Gegensätze zu sehen.
Die Grünen-Stadtratsfraktion hat das Thema mittlerweile aufgegriffen und nach eigener Aussage die Klarstellung erwirkt, dass sich diese Einschränkungen nur auf den Ausweichstandort beziehen sollen. Für den Musikverein ein schwacher Trost, wird doch mit einem Verbleib im Ausweichquartier bis 2021 geplant – eine Zeit, in der sich viele ehrenamtliche Leistungsträger vom Verein abwenden könnten, sollten sie dort tatsächlich so schlechte Bedingungen vorfinden.
Auf der Website des Künstlerhauses heißt es in einem unter „News“ veröffentlichten Beitrag zu den Ausweichplänen:
„Die eingereichten Baupläne liegen derzeit bei der Genehmigungsbehörde zur Prüfung. Vor Beendigung dieser Prüfung lassen sich keine Aussagen über eventuelle Auflagen machen.“
Eine Bitte ans Büro des Künstlerhauses um Stellungnahme ist bisher leider nicht beantwortet worden, sodass wir nur spekulieren können, inwieweit die Darstellung des Musikvereins sich mit der Sicht der Stadt deckt oder hier vielleicht Kommunikationspannen zu einer möglicherweise verzerrten Wahrnehmung geführt haben könnten.
Da Spekulationen niemandem helfen, gibt es stattdessen eine Stellungnahme von uns:
Kultur ist Vergnügen. Musik ist Kultur.
Musik – und zwar alle Spielarten, vom Schlager über Punk-Rock bis hin zu den verschiedensten Arten elektronischer Musik – sind Teil unserer Kultur. Dies gilt auch dann, wenn Anhänger einzelner Strömungen anderen Strömungen diesen Status manchmal nicht zugestehen wollen. Musik bringt Menschen zusammen. Sie regt zu Bewegung und Interaktion an, leistet Beiträge zu politischer Bildung und gesellschaftlichem Diskurs. Sie hilft uns, zu reflektieren und erlaubt nach einem stressigen Arbeitstag das Runterkommen. Musik ist ein wichtiger Aspekt unserer kulturellen Identität – individuell wie gesamtgesellschaftlich betrachtet.
Wir wehren uns gegen jedes Urteil über den Kulturstatus von Musik- und sonstigen Veranstaltungen auf Basis von pauschalen Kriterien wie Stilrichtung, Lautstärke oder Uhrzeit der Veranstaltung. Kultur ist ein Menschenrecht. Sie ist so vielseitig und vielschichtig wie wir Menschen selbst. Einer Einteilung in „gut“ oder „schlecht“ ist sie erhaben. Kultur bereitet Freude. Wer zwischen „Vergnügen“ und „Kultur“ unterscheidet, beweist damit nur, dass er von beidem nicht besonders viel versteht.